Bauwirtschaft und Handwerkskammer widerlegen Argumente von Umweltdezernentin Janina Steinkrüger für das geplante Projekt-Aus. Welche Argumente sie dafür hervorbringen.
MAINZ - Die Bauwirtschaft schlägt Alarm. Nachdem Umweltdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) Mitte April angekündigt hatte, das Vorhaben Deponie im Laubenheimer Steinbruch beerdigen zu wollen, melden sich nun Vertreter aus der Baubranche zu Wort. Ihre einhellige Meinung beim Pressetermin in der Handwerkskammer Rheinhessen: Die von der Grünenpolitikerin angeführten Gründe für das geplante Aus des Projektes seien nicht stichhaltig. Sie sprechen sich weiter für den Bau der Deponie aus.
Wie berichtet, soll im Juli im Stadtrat über das Aus abgestimmt werden. Steinkrüger hatte unter anderem prophezeit, dass der Bauboom zurückgehen werde. „Wir sehen nicht, wie diese These mit der Entwicklung in Mainz zusammenpasst“, sagt Peter Karrié, Obermeister der Bau-Innung Mainz und geschäftsführender Gesellschafter der Karrié Bau. Allein schon deshalb, weil die Stadt die Ansiedlung von Unternehmen aus der Biotechnologiebranche fördern wolle. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) habe von weiteren 5000 Arbeitsplätzen gesprochen. Und diese Menschen bräuchten auch Wohnraum.
Große Teile des Bauschutts sind belastet
Gemünden Bau-Geschäftsführer Tim Gemünden macht außerdem deutlich, dass zwei Drittel des Erdaushubs in Deponien müsse, weil diese belastet seien und unter die Definition von mineralischen Abfällen fallen. Das Volumen, das bei Bauvorhaben in Mainz bewegt werden müsse, sei immens. Allein beim Zollhafen würden rund 660.000 Kubikmeter Bauschutt anfallen, beim Heiligkreuz-Areal sogar über 1 Million. Insofern werde die Mombacher Hochbrücke quasi gar nicht gebraucht, um den Steinbruch zu befüllen. Steinkrüger hatte argumentiert, dass die Hochbrücke wegen ihrer Asbestbelastung nicht in Laubenheim entsorgt werden könne. Außerdem – so Gemünden, sei davon auszugehen, dass ein Großteil des Abbruchmaterials recycelt werden könne.
Vorgeschichte
Auch dem Argument, künftig werde Mainzer Bauschutt der Deponieklasse I zur Dyckerhoff-Deponie nach Wiesbaden und DK II-Material nach Framersheim gebracht werden können, wurde widersprochen. „Die Kapazitäten in Framersheim sind mit einer Millionen Kubikmeter endlich“, betont Karrié. Allein die Bauunternehmungen Gemünden und Karrié hätten im Jahr 2021 rund 270.000 Kubikmeter mineralische Abfälle entsorgen müssen. Wenn also nur diese beiden Firmen ihren Erdaushub nach Framersheim fahren würden, wären die Deponie nach 3,5 Jahren voll.
Bauschutt Entsorgung ist Ländersache
Zu Wiesbaden sagt Karrié weiter: Die Entsorgung sei Ländersache und man könne die der Deponieknappheit in Hessen nicht davon ausgehen, dass rheinland-pfälzische mineralische Abfälle in den kommenden zwei Jahrzehnten sicher auf die andere Rheinseite gefahren werden könnten. Für die Entsorgung des Aushubs, der bei den Mainzer Baugebieten entstehe, sei außerdem nicht die Stadt, sondern der ausführende Betrieb verantwortlich. Für jede einzelne Entsorgung müsse eine Genehmigung vom Sonderabfallmanagement (SAM) eingeholt werden, erklärt Karrié. Und die SAM weise zu. „Das kann dann Framersheim oder Wiesbaden sein, aber auch Eisenhüttenstadt.“ Lange Fahrtwege und weitere Kosten müssten wiederum auf die Kunden umgelegt werden. „Die Bauwirtschaft kann damit leben“, sagt Karrié. Die öffentliche Hand und die privaten „Häuslebauer“ würden dies aber deutlich zu spüren bekommen.
Auch interessant: Biontech-Milliarde: Das wünschen sich die Mainzer
Auch gegen das Argument von Umweltdezernentin Steinkrüger, dass sich durch die nötigen Stabilisierungsmaßnahmen des Hanges unterhalb der Hechtsheimer Höhe das Investitionsvolumen für die Deponie drastisch erhöhen werde, überzeuge die Baubranche nicht, sagt Karrié: „In der Regel stabilisiert man einen Hang am besten dadurch, dass man ihn vom Fuße her anschüttet und somit die freie Hangfläche immer weiter reduziert. Genau dies würde durch die Verfüllung des Steinbruchs ja passieren.“
Thomas Weiler, Hauptgeschäftsführer Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz, macht deutlich, dass Abfallwirtschaft eine Aufgabe der Gebietskörperschaft sei. „Hier wurde ein ökologisch nachhaltiger Vorschlag von der Stadt gemacht, aber der Spielzug wurde nicht zu Ende gedacht.“
Wie Dominik Ostendorf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer deutlich macht, sei die Baubranche von Steinkrügers Vorstoß komplett überrascht worden. Noch im Oktober 2020 hatte ihre Vorgängerin Katrin Eder (Grüne) in einem Schreiben mitgeteilt, dass sie sich über die Unterstützung freue und hoffe, dass die Argumente der Baubranche helfen würden, „Zweifler von der Bedeutung des Deponie-Projektes für die gesamte Stadt Mainz und die Wirtschaft im Mainzer Raum zu überzeugen“. OB Ebling sei damals laut einem Schreiben ebenfalls noch von der „wirtschaftlichen Bedeutung“ des Projektes überzeugt gewesen.
Lesen Sie auch: Ideen für Mainzer Bauschuttdeponie im Steinbruch unerwünscht
Quelle: Allgemeine Zeitung Online / 23.05.2022
Kommentar schreiben