Die Bürgerinitiative aus Weisenau und Laubenheim fürchtet, dass im Steinbruch künftig schädliche Abfalle verfüllt werden. Die Stadt spricht von einem unrealistischen
Szenario.
Von Heiko Beckert
LAUBENHEIM/WEISENAU - Für den Chef der Bürgerinitiative gegen die Bauschuttdeponie im Mainzer Steinbruch, Antonio Sommese, ist es an der Zeit, eine „neue Welle“ loszutreten. Bürger müssten
„wachgeküsst“ werden.
Deshalb appelliert er bei einer Informationsveranstaltung an 60 bis 70 Anwesende im hoffnungslos überfüllten Siedlerheim: „Jeder kann Botschafter sein.“
Die Botschaft der BI ist bekannt: Dass im früheren Steinbruch von Heidelberg Cement neben unbelastetem Material, das heute schon abgelagert wird, künftig auch Material der Deponieklassen I und II
verfüllt werden soll, ist für Projektgegner inakzeptabel.
Diese Abfälle mit sehr geringem oder geringem organischen Anteil, die als nicht gefährlich eingestuft werden, könnten nämlich unter anderem Teer und teerhaltige Substanzen sowie Gips mit Asbest
enthalten, sagt Chemikerin Dr. Gitta Weber.
Und ihr Kollege Dr. Jürgen Fröhlich ergänzt gegenüber der AZ, dass mit einer Deponie nur Geld zu verdienen sei, wenn giftige Abfälle eingelagert werden. „Ich halte das für absolut gefährlich“,
betont er. Und die Gefahr betreffe nicht nur direkte Anwohner: Durch Winde würden etwaige Schadstoffe weit in den umliegenden Stadtteilen verteilt.
Zudem könnten Arbeiten in der Deponie zu Schäden an Wohnhäusern führen, der Wert umliegender Gebäude dürfte spürbar sinken. Von der Offenlage der teilweise überarbeiteten Unterlagen, die am
heutigen Freitag endet, ist Fröhlich enttäuscht: „Wir sehen überhaupt kein Entgegenkommen.“
Das kann Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) nicht nachvollziehen. „Wir nehmen die Ängste und die Kritik ernst“, stellt sie klar. Deshalb sei nicht nur die Offenlage von vier auf sechs Wochen
verlängert, sondern auch ein neues Staubgutachten beauftragt worden.
Dazu seien Kontrollen geplant, die gesetzlich nicht erforderlich seien, und asbesthaltige Stoffe sowie Schlacken seien als Verfüllungsmaterial ausgeschlossen worden. Die Dezernentin attackiert
ihrerseits die BI: „Es werden hier Szenarien entworfen, die nicht der Realität entsprechen.“
Dem Vorwurf, dass mit der elf Hektar großen Deponie Gewinne erwirtschaftet werden sollen, widerspricht Eder. Schließlich dürfe der städtische Entsorgungsbetrieb gar keine Gewinne machen. Auch
deshalb sollen nur sichere Abfälle aus Mainz und aus dem Landkreis Mainz-Bingen verfüllt werden. „Das ist unsere Zusage“, so Eder.
Unbestreitbar sei, dass die Deponie benötigt werde. Schon jetzt hätten Bauherren Probleme, Erdaushub zu entsorgen. Die Preise seien drastisch gestiegen, wie gerade erst der Entsorgungsbetrieb
selbst beim Neubau für seine Verwaltung habe erfahren müssen. Die Mehrkosten sollen bei 300 000 Euro liegen.
Einsprüche sind noch bis 6. September möglich
Bis 6. September können noch Einsprüche gegen das Planfeststellungsverfahren bei der Stadt oder der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd eingereicht werden.
Danach wird es eine öffentliche Information geben. Diese Zeit will die BI nutzen: Ein Gegengutachten ist auf dem Weg, und Widersprüche werden vorbereitet. Auch eine Klage sei denkbar, wie
Fröhlich sagt: „Wir überlegen uns rechtliche Schritte.“
Sommese möchte des Weiteren die Kandidaten der Oberbürgermeisterwahl zu einer Podiumsdiskussion einladen. Nicht zuletzt hofft er auf weitere Spenden. Rund 11 000 Euro sollen bereits in der Kriegskasse sein.
Quelle: Allgemeine Zeitung / 23.08.2019
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